Hat eine Stadt einen Anspruch auf die Domain "www.stadtname.de"?
Aus dem kürzlich erschienenen Leitfaden „Rechtskonformes E-Government“, veröffentlicht der Deutsche Städte- und Gemeindebund auf seiner Website im 14-tägigen Rhythmus ausgewählte Beiträge zu rechtlichen Aspekten, die beim Bau eines virtuellen Rathauses zu berücksichtigen sind. Der Leitfaden entstand im Rahmen der Begleitforschung zum Leitprojekt MEDIA@Komm, einem Förderprojekt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, und kann unter
www.bmwa.bund.de oder
www.mediakomm.net als Broschüre oder Download bezogen werden.
E-Goverment News...
Für die Frage, ob der Stadt ein Recht an der Domain “
www.stadtname.de” zusteht, gibt es mittlerweile eine umfassende Rechtsprechung bei der sich inzwischen auch eine gefestigte Linie abzeichnet. Die zentrale Anspruchsnorm ergibt sich aus dem Namensrecht des § 12 BGB, da Städtenamen nach dieser Vorschrift auch ohne den Zusatz “Stadt” namensrechtlich geschützt sind. Dies gilt grundsätzlich auch für Gemeindekurzbezeichnungen.
Im Hinblick auf den Anspruch der Stadt sind drei Fallgruppen zu unterscheiden:
* Bei einem sog. “Domaingrabbing” beabsichtigt der Erst-Registrierer nicht die eigene Nutzung der Domain, sondern die Verhinderung der Nutzung durch die Stadt, um von der Stadt einen möglichst hohen Preis für die Ummeldung zu verlangen. Hier liegt in Form der Namensbestreitung unzweifelhaft eine Namensrechtsverletzung nach § 12 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor.
* Hat der Erst-Registrierer die Domain frei gewählt, ohne selbst Namensträger zu sein, liegt eine Verletzung des Namensrechts nach § 12 BGB in Form der Namensanmaßung vor. Da der Namensschutz insbesondere einer Zuordnungsverwirrung entgegenwirken soll, wird die Verletzung eines schutzwürdigen Interesses des Namensberechtigten von der Rechtsprechung damit begründet, dass der Nutzer die Domain mit der Stadt verbinde bzw. hinter der Domain die offizielle Präsentation der Stadt erwarte und der Private selbst kein schutzwürdiges namensrechtliches Interesse habe.
* Ist der Erst-Registrierer selbst ebenfalls Träger des bürgerlichen Namens, löst die Rechtsprechung diesen Konflikt mittels einer Interessenabwägung zwischen den berechtigten Namensträgern. Hier gilt allgemein der Grundsatz der Priorität. Von ihm kann ausnahmsweise zugunsten der Stadt in folgenden Fällen abgewichen werden: bei Domaingrabbing, aus Gründen des Allgemeinwohls oder bei einer überragenden Bekanntheit der Gebietskörperschaft. Das Vorliegen dieser Gesichtspunkte wurde von der Rechtsprechung bei Streitigkeiten zu den Domains “boos.de”, “tschirn.de” oder “vallendar.de” aber nicht angenommen.
Abschließend kann festgehalten werden, dass die Stadt oder Kommune ein Recht auf die städtische Domain “
www.stadtname.de” gegenüber jedermann hat, dem kein vorrangiges Namensrecht auf diesen Namen zusteht.
Können sich auch einzelne Behörden oder Teile einer Behörde auf ein Namensrecht berufen?
Auf den Namensschutz können sich auch juristische Personen des öffentlichen Rechts hinsichtlich solcher Bezeichnungen mit Erfolg berufen, denen Kennzeichnungscharakter und Bezug zur politischen Körperschaft zukommen. So wird z.B. Behörden oder zusammengesetzten Namen wie “polizeibrandenburg.de” ein Schutz zuerkannt, wenn der Domainname den Eindruck erweckt, dass sich dahinter die entsprechende Gebietskörperschaft verbirgt. Denn bei einer Nutzung durch Private könnte es hier zu einer Zuordnungsverwirrung kommen. Die oben aufgeführten Fallgruppen sind auf diesen Fall übertragbar.
Besteht auch ein Anspruch auf eine Domain, die den Stadtnamen nur als Teil enthält?
Zu dieser Frage findet sich noch keine gefestigte Rechtsprechung. Ein kürzlich ergangenes Urteil des OLG Düsseldorf, das sich auf “
www.duisburg-info.de” bezog, hat einen Anspruch der Stadt Duisburg abgelehnt. Der Entscheidung liegt die Annahme des Gerichts zugrunde, dass der Verkehr nicht davon ausgehe, dass sämtliche Domains, die einen Städtenamen enthalten, von der Stadt oder mit Zustimmung der Stadt gehalten werden. Dies liege zwar nahe bei Domains, die ausschließlich aus der Bezeichnung “
www.stadtname.de” oder mit dem Zusatz “Gemeinde” oder “Stadt” gebildet sind. Bei anderen Zusätzen (z.B. “
www.stadtname-info.de”) komme es aber darauf an, wie der Verkehr die Gesamtbezeichnung verstehe.
Was kann bei einer Verletzung des Namensrechts unternommen werden?
Der Anspruch der Kommune oder Stadt zielt bei einer Namensrechtsverletzung nach § 12 BGB auf die Beseitigung des bestehenden Zustandes und beinhaltet daher zum einen die Freigabe der Domain gegenüber der DENIC e.G. und zum anderen die Unterlassung der Nutzung der Domain durch den Nichtberechtigten zu eigenen Zwecken. Um möglichst einen zeitaufwendigen Rechtsstreit zu vermeiden, sollte in einem ersten Schritt eine begründete Abmahnung an den Nichtberechtigten gerichtet werden, in dem unter Angabe einer Frist die Freigabe gegenüber der DENIC e.G. und die Unterlassung der Nutzung verlangt wird. Ist dieser nicht bereit, die Domain freizugeben, bleibt der Gerichtsweg in Form der Leistungsklage mit Unterlassungs- und Beseitigungsantrag.
Sind der Kommune oder Stadt bereits Kosten und Aufwendungen entstanden, kann sie dafür gem. § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 BGB Schadensersatz verlangen, im Falle des “Domaingrabbings” zusätzlich aus § 826 BGB wegen sittenwidriger Behinderung.
Es bietet sich in bestimmten dringlichen Fällen auch an, das Verfahren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchzuführen, um den Zustand schnellstmöglich zu beenden. Nach §§ 935 f. Zivilprozessordnung (ZPO) muss dabei die erhöhte Dringlichkeit der Entscheidung dargelegt werden.
Um die Anspruchsdurchsetzung nicht zu gefährden und eine Übertragung der Domain durch den Erst-Registrierer auf einen Dritten zu verhindern, sollte ein sog. “Dispute-Eintrag” bei der DENIC e.G. gestellt werden. Für diesen Antrag hält die DENIC e.G. nähere Informationen und ein entsprechendes Online-Formular bereit. Als Anhaltspunkt für ein Recht an dem Domainnamen reicht nach Angaben der DENIC e.G. die Verwendung des entsprechenden Briefkopfes der Gemeinde. Der Dispute-Eintrag endet mit der Beendigung der Auseinandersetzung um die Domain oder spätestens ein Jahr nach Antragstellung.
© DStGB, Berlin, 19.05.2003