Quelle: Spiegel
So überhastet, wie die Alliierten nach Meinung zahlreicher Experten mit ihrer Bodenoffensive begonnen haben, stolperten sie auch in ihre erste PR-Schlappe: Umm Kasr, einziger Tiefseehafen des Irak und das erste Ziel des Großangriffs, wurde schon am zweiten Kriegstag als "befreit" gemeldet. Die irakische Regierung widersprach, niemand nahm sie ernst - doch ihre Darstellung war der Wahrheit offenbar näher als die Erfolgsmeldung der Alliierten. Diese mussten tags darauf einräumen, dass Umm Kasr doch noch nicht ganz befreit sei, einige "Widerstandsnester" gebe es noch. Eine Untertreibung, wie sich herausstellte: Die Iraker leisteten hartnäckigen Widerstand und verwickelten die Angreifer trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit in einen zähen Straßenkampf - ein Vorgeschmack auf das, was Amerikanern und Briten in weit größerem Ausmaß bei einem Angriff auf Bagdad bevorstehen könnte.
Am 21. März gab es eine Nachricht, die Hoffnung auf ein schnelles Kriegsende aufkeimen ließ: Eine ganze irakische Division mit 8000 Mann habe sich ergeben. Zwei Tage später dementierte Bagdad. Am 24. März berichtete die "New York Times", die US-Armee habe erkennen müssen, dass der "Befehlshaber" der Division in Wirklichkeit ein junger Offizier unteren Dienstgrads war, der sich von seiner Hochstapelei eine bevorzugte Behandlung versprochen hatte.
Wie es um die irakische Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Invasoren bestellt ist, erfuhren Letztere vor Basra. Nach tagelangen Kämpfen, die immer noch andauern, meldeten die Briten einen Volksaufstand gegen die Getreuen Saddam Husseins. Loyale Truppen würden die Aufständischen in der Stadt beschießen, die britische Armee erwidere das Feuer.
Das Szenario wirkte zunächst plausibel, da es im schiitisch geprägten Basra schon im Golfkrieg von 1991 Aufstände gegen das sunnitisch dominierte Regime Saddam Husseins gegeben hatte. Der damalige US-Präsident George Bush senior hatte die Bevölkerung seinerzeit zur Revolte angestachelt - und sie danach im Stich gelassen: Saddams Truppen schlugen den Aufstand blutig nieder, die Amerikaner sahen zu.
Die Schiiten haben das offenbar nicht vergessen: Die britischen Meldungen eines großen Aufstands stellten sich als falsch heraus. Premierminister Tony Blair musste kleinlaut einräumen, es habe lediglich kleinere Unruhen gegeben. Auch schiitische Organisationen konnten die Rebellion nicht bestätigen.
Berichte britischer und amerikanischer Militärs über glücklich befreite Iraker wurden folglich auch in den amerikanischen Medien eher zurückhaltend verbreitet. Den Fernsehbildern nach zu urteilen hält sich die Begeisterung der Iraker über die Invasion offenbar in Grenzen. In der südirakischen Stadt Safwan etwa kam es bei der Verteilung von Lebensmitteln an die Bevölkerung zu chaotischen Szenen, Jubel war indes nicht zu hören.
Stattdessen waren schon unmittelbar nach Beginn der Bodenoffensive Fernsehbilder von irakischen Kriegsgefangenen zu sehen - beim Marsch mit erhobenen Händen, bei der Festnahme durch US-Soldaten, als Lagerinsassen. Als der Irak wenige Tage später seinerseits Bilder von amerikanischen Kriegsgefangenen verbreitete, war die Empörung in den USA groß. Als "Verstoß gegen die Genfer Konvention" geißelte US-Präsident Bush die Bilder und stieß düstere Drohungen gegen jeden aus, der amerikanischen Gefangenen Leid zufügen sollte.
Der Irak legte unterdessen nach und zeigte Bilder von jubelnden Soldaten, die einen offenbar weitgehend intakt erbeuteten "Apache"-Kampfhubschrauber der US-Armee umringten. "Von Bauern abgeschossen", sagte der irakische Informationsminister Mohammed Said al-Sahhaf über den Hightech-Helikopter. Tags darauf führten die Iraker die Piloten des Hubschraubers im Fernsehen vor.
Die Kette der britisch-amerikanischen Niederlagen an der PR-Front war damit nicht zu Ende. Eine gewaltige Explosion in einem Wohngebiet Bagdads tötete am Mittwoch mindestens 14 Zivilisten. Die irakische Propaganda verhielt sich geschickt: Ihre Schätzung der Opferzahlen bewegte sich anfangs sogar unter denen westlicher Nachrichtenagenturen.
Ob die Tragödie durch fehlgeleitete Raketen der USA, einen Fehlschuss der Iraker oder gar einen Mordakt des Bagdader Regimes ausgelöst wurde, ist unklar. Den Alliierten aber blieb nichts als ein schwaches Dementi: Es könnte sich um irakische Abfangraketen gehandelt haben, die nach Fehlschüssen vom Himmel gefallen waren. Genaueres aber werde man erst wissen, wenn man in Bagdad einmarschiert sei.
Auch der angebliche Beschuss Kuweits durch irakische Scud-Raketen ist zweifelhaft. Uno-Chefwaffeninspektor Hans Blix widersprach am Donnerstag der Behauptung der kuweitischen Regierung, mindestens eine der bisher auf Kuweit abgefeuerten Raketen sei eine Scud gewesen. Bisher, so Blix, gebe es keine Beweise, dass der Irak die wegen ihrer Reichweite gefürchteten Geschosse eingesetzt habe.
Am vergangenen Montag berichtete die US-Armee über die Eroberung einer Fabrik, die angeblich Massenvernichtungswaffen produzierte. Kurz darauf räumte Oberbefehlshaber Tommy Franks ein, man sei "nicht ganz sicher", ob es sich überhaupt um eine Chemiefabrik, geschweige denn eine Anlage zur Produktion chemischer Waffen handele.
Der vorerst letzte peinliche Propaganda-Fehltritt der Alliierten ist der absurde Streit um die Frage, ob im Irak Kriegsgefangene hingerichtet wurden oder nicht. Bush und Blair hatten dies ebenso vollmundig wie vorschnell als bewiesene Tatsache verkauft. Nun aber behauptet die Schwester eines der beiden vermeintlich Hingerichteten, ihr Bruder sei im Kampf gefallen. Der Vorgesetzte des Gefallenen sei persönlich bei ihr erschienen: Eine Exekution, habe der Oberst betont, habe es nie gegeben.
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Anmerkung von mir:
Tja, das wird ein zweites Vietnam für die Ami´s und Briten...
So überhastet, wie die Alliierten nach Meinung zahlreicher Experten mit ihrer Bodenoffensive begonnen haben, stolperten sie auch in ihre erste PR-Schlappe: Umm Kasr, einziger Tiefseehafen des Irak und das erste Ziel des Großangriffs, wurde schon am zweiten Kriegstag als "befreit" gemeldet. Die irakische Regierung widersprach, niemand nahm sie ernst - doch ihre Darstellung war der Wahrheit offenbar näher als die Erfolgsmeldung der Alliierten. Diese mussten tags darauf einräumen, dass Umm Kasr doch noch nicht ganz befreit sei, einige "Widerstandsnester" gebe es noch. Eine Untertreibung, wie sich herausstellte: Die Iraker leisteten hartnäckigen Widerstand und verwickelten die Angreifer trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit in einen zähen Straßenkampf - ein Vorgeschmack auf das, was Amerikanern und Briten in weit größerem Ausmaß bei einem Angriff auf Bagdad bevorstehen könnte.
Am 21. März gab es eine Nachricht, die Hoffnung auf ein schnelles Kriegsende aufkeimen ließ: Eine ganze irakische Division mit 8000 Mann habe sich ergeben. Zwei Tage später dementierte Bagdad. Am 24. März berichtete die "New York Times", die US-Armee habe erkennen müssen, dass der "Befehlshaber" der Division in Wirklichkeit ein junger Offizier unteren Dienstgrads war, der sich von seiner Hochstapelei eine bevorzugte Behandlung versprochen hatte.
Wie es um die irakische Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Invasoren bestellt ist, erfuhren Letztere vor Basra. Nach tagelangen Kämpfen, die immer noch andauern, meldeten die Briten einen Volksaufstand gegen die Getreuen Saddam Husseins. Loyale Truppen würden die Aufständischen in der Stadt beschießen, die britische Armee erwidere das Feuer.
Das Szenario wirkte zunächst plausibel, da es im schiitisch geprägten Basra schon im Golfkrieg von 1991 Aufstände gegen das sunnitisch dominierte Regime Saddam Husseins gegeben hatte. Der damalige US-Präsident George Bush senior hatte die Bevölkerung seinerzeit zur Revolte angestachelt - und sie danach im Stich gelassen: Saddams Truppen schlugen den Aufstand blutig nieder, die Amerikaner sahen zu.
Die Schiiten haben das offenbar nicht vergessen: Die britischen Meldungen eines großen Aufstands stellten sich als falsch heraus. Premierminister Tony Blair musste kleinlaut einräumen, es habe lediglich kleinere Unruhen gegeben. Auch schiitische Organisationen konnten die Rebellion nicht bestätigen.
Berichte britischer und amerikanischer Militärs über glücklich befreite Iraker wurden folglich auch in den amerikanischen Medien eher zurückhaltend verbreitet. Den Fernsehbildern nach zu urteilen hält sich die Begeisterung der Iraker über die Invasion offenbar in Grenzen. In der südirakischen Stadt Safwan etwa kam es bei der Verteilung von Lebensmitteln an die Bevölkerung zu chaotischen Szenen, Jubel war indes nicht zu hören.
Stattdessen waren schon unmittelbar nach Beginn der Bodenoffensive Fernsehbilder von irakischen Kriegsgefangenen zu sehen - beim Marsch mit erhobenen Händen, bei der Festnahme durch US-Soldaten, als Lagerinsassen. Als der Irak wenige Tage später seinerseits Bilder von amerikanischen Kriegsgefangenen verbreitete, war die Empörung in den USA groß. Als "Verstoß gegen die Genfer Konvention" geißelte US-Präsident Bush die Bilder und stieß düstere Drohungen gegen jeden aus, der amerikanischen Gefangenen Leid zufügen sollte.
Der Irak legte unterdessen nach und zeigte Bilder von jubelnden Soldaten, die einen offenbar weitgehend intakt erbeuteten "Apache"-Kampfhubschrauber der US-Armee umringten. "Von Bauern abgeschossen", sagte der irakische Informationsminister Mohammed Said al-Sahhaf über den Hightech-Helikopter. Tags darauf führten die Iraker die Piloten des Hubschraubers im Fernsehen vor.
Die Kette der britisch-amerikanischen Niederlagen an der PR-Front war damit nicht zu Ende. Eine gewaltige Explosion in einem Wohngebiet Bagdads tötete am Mittwoch mindestens 14 Zivilisten. Die irakische Propaganda verhielt sich geschickt: Ihre Schätzung der Opferzahlen bewegte sich anfangs sogar unter denen westlicher Nachrichtenagenturen.
Ob die Tragödie durch fehlgeleitete Raketen der USA, einen Fehlschuss der Iraker oder gar einen Mordakt des Bagdader Regimes ausgelöst wurde, ist unklar. Den Alliierten aber blieb nichts als ein schwaches Dementi: Es könnte sich um irakische Abfangraketen gehandelt haben, die nach Fehlschüssen vom Himmel gefallen waren. Genaueres aber werde man erst wissen, wenn man in Bagdad einmarschiert sei.
Auch der angebliche Beschuss Kuweits durch irakische Scud-Raketen ist zweifelhaft. Uno-Chefwaffeninspektor Hans Blix widersprach am Donnerstag der Behauptung der kuweitischen Regierung, mindestens eine der bisher auf Kuweit abgefeuerten Raketen sei eine Scud gewesen. Bisher, so Blix, gebe es keine Beweise, dass der Irak die wegen ihrer Reichweite gefürchteten Geschosse eingesetzt habe.
Am vergangenen Montag berichtete die US-Armee über die Eroberung einer Fabrik, die angeblich Massenvernichtungswaffen produzierte. Kurz darauf räumte Oberbefehlshaber Tommy Franks ein, man sei "nicht ganz sicher", ob es sich überhaupt um eine Chemiefabrik, geschweige denn eine Anlage zur Produktion chemischer Waffen handele.
Der vorerst letzte peinliche Propaganda-Fehltritt der Alliierten ist der absurde Streit um die Frage, ob im Irak Kriegsgefangene hingerichtet wurden oder nicht. Bush und Blair hatten dies ebenso vollmundig wie vorschnell als bewiesene Tatsache verkauft. Nun aber behauptet die Schwester eines der beiden vermeintlich Hingerichteten, ihr Bruder sei im Kampf gefallen. Der Vorgesetzte des Gefallenen sei persönlich bei ihr erschienen: Eine Exekution, habe der Oberst betont, habe es nie gegeben.
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Anmerkung von mir:
Tja, das wird ein zweites Vietnam für die Ami´s und Briten...